Samstag, 16. November 2013

BLACK HATS & HAPPY KIDS



Der Countdown läuft. Die Uhr zeigt 8.30 Uhr am Morgen. In der einst gemütlichen Kölner 3-er Wg herrscht munteres Treiben, die Badtür schließt und öffnet sich alle 3 1/2 Minuten. Lunzt man aus der Tür, sieht man Piraten, schwarze Schwäne, weiße Schwäne, das S.W.A.T. Einsatzkommando und Dracula, der sich gerade an der ersten Flasche Wodka zu schaffen macht. Aus der Küche ertönen und das heute definitiv nicht zum letzten Mal die Höhnerbrothers. Kein Zweifel, es ist Karneval.

Willkommen in Köln. 9.10 Uhr. Getränketechnisch völlig unvorbereitet und unwissend, was dieser Tag bringen wird, machen wir uns auf den Weg zum Rewe. Der Anblick auf die Spirituosen lässt prompt das erste Ekelgefühl und die schwerwiegende Entscheidung folgen, welches Gesöff sich schon sehr bald den Weg in den leeren Magen bahnen und Indikator für Gut oder Böse, Frohsinn oder Melancholie, Glückseeligkeit oder Übelkeit sein wird. Augen zu und durch, schließlich schlägt in uns das Herz von waschechten Mühlhaüser Kirmeskindern. Zwei Flaschen Gin, Sekt und ein wenig Tonic auf dem Band  und schon folgt die obligatorische Frage nach dem Ausweis, was uns freudestrahlend den Markt verlassen lässt. Kinder, ihr müsst immer schön cremen, dann klappts auch mit den Falten.

10.40 Uhr. Das Kostüm sitzt, die ersten Flaschen sind geleert. Ich liebe meinen Hut, meine Mädels, Köln. Ziel ist es 11.11 Uhr auf dem Heumarkt zu sein, was selbstversändlich nicht funktioniert, da wir punkt 11.08 Uhr in der Bahn sitzen. Die ersten Schritte als Hippie aka Franka Potente aus Blow  aka schwarze Koksnutte fühlen sich anfangs noch unangenehm an, doch in der Mitte des Geschehens angekommen, machen die Kölner ihrem Ruf alle Ehre. Der Dom steht, der Himmel ist blau, wir sind blau, die Kapelle spielt. Kölle alaaf.

Der nächste Blick auf die Uhr. Mittagszeit, Schunkelzeit. 13.15 Uhr. Der Beginn der Narrenzeit gleicht einer einzigen Kneipentour. Winzige Kaschemmen, in denen das Kölsch in Strömen fließt und das lustrige Volk schon oder wohl eher noch zum Lunch in Feierlaune ist. Es ist ein kostümierter Ameisenhaufen getrieben von Liebeslust. Um nicht zu sagen, an diesen Tagen feiert die Stadt eine einzige Orgie. Wohin das Auge reicht, in jeder Ecke, an jeder Wand, es wird geknutscht bis(s) zum Morgengrauen. Liebe Verliebte, Paare, Frischgetraute; es besteht ein enorm hohes Risiko, lasst ihr eure bessere Hälfte ruhigen Gewissens und voller Vertrauen allein in die Metropole der Vögelei ziehen, danach mit einem gebrochenen Herzchen die Scherben eurer Beziehung aufzusammeln. Chronisches Fremdgehen ist in Köln Volkssport. Denn wenn erstmal der Nubbel brennt, dann hast du die Beziehung verpennt.

Oberste Priorität, wer frühs 9.00 Uhr mit Trinken beginnt, sollte spätestens bei Einbruch der Dunkelheit einen Fast Food Stop einlegen. 16.30 Uhr. Can I have a Big Mac Menu please? There we go. Draußen ist es bereits dunkel, es bleibt die Frage, wo um Himmels Willen die Zeit hingegangen ist, warum wir immer noch trinken und zur Hölle, wo ist das nächste Klo? Die Gruppe bekommt Zuwachs, wir verlassen den Stadteil und pilgern mit anderen partywütigen Überlebenden in Richtung..keine Ahnung wo wir sind. Der Plan war von Anfang an, sich treiben zu lassen. Ohne Rast und ohne Ziel. Olaf Henning wäre stolz auf uns.

Der Tacho sagt 10 vor 7. Zeit, die gefühlte 18. Kneipe aufzusuchen und die mitttlerweile besorgniserregende Abhängigkeit zu stillen, uns mit diesem kleinen tückischen Kölner Gebräu zu begießen. Ab und an ist man verloren in der Masse der Menschen, die einen umzingeln. Es ist Karneval der Klaustrophobie. Doch alles halb so wild, der Alkohol in unseren Adern macht uns glücklich. Wir lechzen nach mehr. Wir wollen endlich tanzen.

21.13 Uhr. Wie sich am nächsten Morgen rausstellen wird, haben wir gefühlte 200 Euro ausgegeben. Nach mehr oder weniger geglückten Tanzeinlagen zum elektronischen Beat der Nacht und ein paar Stunden gewolltes und ungewolltes Speeddating, ist es an der Zeit die Jacke zu schnappen und nach Haus zu gehen. Plötzlich schwirren schon wieder ein paar Fragezeichen vor meinem geistigen Auge. 1. Wo ist zu Hause? 2. Wieso ist niemand mehr da? 3. Und wieso liegt hier eigentlich Stroh? Die Folgen von einem 13 stündigen Rausch werfen ihre Schatten. Es lohnt sich an diesem Punkt des Abends

Dienstag, 5. November 2013